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Endkampf um Berlin : Reichskanzlei

 

Der Bericht eines Insiders

Im Unterschied zu vielen anderen Schriften, Büchern und Bildbänden über den Endkampf in Berlin 1945 stellt das Werk „Die Verteidigung der Reichskanzlei 1945“ Erinnerungen eines hochrangigen Zeitgenossen von Weltruf, nämlich des Kampfkommandanten der Reichskanzlei und letzten Befehlshabers des Verteidigungssektors „Zitadelle“, Generalmajor der Waffen-SS Wilhelm Mohnke, in den Mittelpunkt. Durch eine Fülle von historisch außerordentlich wichtigen Fakten und Detailinformationen Generalmajor der Waffen-SS Wilhelm Mohnkewerden erstmals viele bisher zu diesem dramatischen Geschehen herrschende Unklarheiten beseitigt bzw. richtiggestellt.

Der Autor, der 1971 in der sowjetischen Besatzungszone geborene Thomas Fischer, befasste sich nach Studium an der Berliner Humboldt-Universität und Staatsexamen eingehend mit geschichtlich- militärhistorischer Thematik, insbesondere im Rahmen intensiver Ermittlungen und Zeitzeugenbefragungen. Er stellt fest: „Fast jeder, der in irgendeiner unmittelbaren Beziehung zu den Vorgängen in der Reichskanzlei und im Führerbunker in den letzten Kriegstagen stand, hat sich bisher zu Wort gemeldet. Ob Telefonist, Diener, Fahrer, Sekretärin, Arzt oder Adjutant, alle verkauften ihre Informationen über die letzten Tage mit Hitler auflagenstark an die Öffentlichkeit.

Eine der bedeutendsten militärischen Führungspersonen in Berlin, der Kampfkommandant der Reichskanzlei und letzte Befehlshaber der ‚Zitadelle’ hätte es tun können und vielleicht sogar tun müssen, tat es aber nicht: General Wilhelm Mohnke.“ Erst nach weitreichenden Recherchen, die Fischer seit 1995 betrieb, stellte sich Mohnke als fachkompetentester Ansprechpartner zur Verfügung. Der Autor: „Für politische Aktivitäten nach dem Krieg hatte Wilhelm Mohnke keinen Sinn. Er distanzierte sich klar von Verbrechen und von Schandtaten Himmlers, sowie des KZ-Vernichtungssystems. Mohnke fühlte sich zeitlebens immer als Elitesoldat und Brigadeführer eines SS-Frontverbandes, der fest davon überzeugt war, dass seine Truppen in ihrer Masse anständig und fair gekämpft haben, wenn sie auch wie jede andere größere militärische Formation nicht gänzlich gegen vereinzelte Übergriffe gefeit war.“

Zur Person: Mohnke wurde am 15. März 1911 in Lübeck geboren, trat 1931 der NSDAP und der Schutzstaffel bei. Im September 1939 Teilnahme am Polenfeldzug, 1940 Kampfeinsatz an der Westfront. 1941 kämpfte er als Kommandeur des II. Bataillons der LSSAH („Leibstandarte Adolf Hitler“) im Balkankrieg. Nach schweren Verwundungen 1942 weitere Verwendung in einer LSSAH-Panzerabteilung und schließlich Kommandeur des SS-Panzer-Grenadier-Regiments 26 der 12. SS-Panzer-Division „Hitlerjugend“. Im Juni 1944 kämpfte sein Regiment gegen die Invasion der Alliierten in der Normandie. Auszeichnung mit dem Ritterkreuz. Teilnahme an der Ardennenoffensive. Ernennung zum SS-Brigadeführer am 30. Januar 1945. Erneute Verwundung bei einem Fliegerangriff. Nach Genesung Mitte April 1945 in die Reichskanzlei abkommandiert. Zum Befehlshaber über die Verteidigungskräfte des Regierungsviertels ernannt. Nach Hitlers Tod versuchte Mohnke am 1. Mai einen organisierten Ausbruchsversuch aus dem eingekesselten Regierungsviertel und wurde kurz darauf von sowjetischen Truppen gefangengenommen. Er verbrachte sechs Jahre in den niedrigen und nassen Zellen der berüchtigten Ljubljanka in Moskau in Einzelhaft. Erst am 10. Oktober 1955 kehrte Mohnke aus dem Lager Woikowo in die Heimat zurück. Er starb am 6. August 2001 in Hamburg- Rahlstedt.

Mit dem Mut der Verzweiflung

Mit dem Mut der Verzweiflung kämpften Mohnke und seine Mannen schließlich gegen die mit enormer Übermacht anstürmenden Rotarmisten. Am 25. April gelang es sowjetischen und polnischen Truppen, Berlin vollständig einzukesseln, als die 1. Weißrussische Front und die 1. Ukrainische Front in Ketzin aufeinander trafen und so den Ring um die Reichshauptstadt schlossen. Fischer: „Einmal begleitete Artur Axmann den Brigadeführer Mohnke, als der seine Männer am Potsdamer Platz in der vordersten Kampflinie aufsuchte. In den umliegenden Häusern wurde um jedes Stockwerk erbittert gekämpft. Die Nachricht ging um, dass sich hier zwei Brüder im Kampf gegenüberstanden: Einer kämpfte als Soldat des Nationalkomitees Freies Deutschland auf sowjetischer, der andere auf deutscher Seite!“

Und: „Zu diesem Zeitpunkt lag bereits die Reichskanzlei unter schwerem Beschuss. Die Ventilatoren des Bunkers hatten viertelstundenweise abgestellt werden müssen, da sie statt frischer Luft Schwefelgestank, Rauch und Kalkstaub in das Innere saugten. Mohnke: „Die Stimmung war gedrückt. Das Ende nahte. Jeder wusste es!“ Am 29. April stießen Einheiten der Roten Armee bis in das Regierungsviertel vor. Am Morgen des 30. April ließ Hitler den Kampfkommandanten in den „Führerbunker“ kommen, um sich unmittelbarüber die Lage zu orientieren. Er führte mit Mohnke ein Vier-Augen- Gespräch. Der Brigadeführer: „Er fragte mich:‚Mohnke, wie lange können Sie noch halten?’ Ich antwortete:‚24 Stunden, nicht länger!’ Dann schilderte ich die Lage: Die Russen hatten die Wilhelmstraße erreicht, sie waren in die U-Bahnschächte unter der Friedrichstraße und sogar unter der Voßstraße eingedrungen, der größte Teil des nördlichen Tiergartens war in ihrer Hand, und sie kämpften am Potsdamer Platz. 300 Meter von uns entfernt. Hitler hörte sich das ruhig und konzentriert an. Kurz nach 7.00 Uhr verließ ich ihn wieder und kehrte auf meinen Gefechtsstand zurück.“ Fischer dazu: „Es war das Ende aller Bunkerillusionen.“

Gewaltige Übermacht der Sowjets

Einer der letzten dramatischen Verteidigungskämpfe entwickelte sich um das Reichstagsgebäude, das von Mohnke mit seinen Männern bis zum 30. April gehalten wurde. Dann war auch hier die Entscheidung gefallen, als um 14.25 Uhr zwei Rotarmisten erstmals die sowjetische Flagge aus einem Fenster des deutschen Reichstags hissten. Es folgte noch eine Lagebesprechung, bevor Hitler den letzten Führerbefehl an den Kampfkommandanten Berlins, General Weidling, erteilte. Er verbietet die Kapitulation, erlaubt jedoch den Ausbruch aus der Trümmerwüste in kleinen Gruppen. Die Ausbrecher sollen sich der noch kämpfenden Truppe außerhalb Berlins anschließen oder den Kampf in den Wäldern fortsetzen. Buchautor Fischer dazu: „Die erste Ausbruchsgruppe führte SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS Wilhelm Mohnke persönlich als 1. Mann an, für den es ein schicksalhafter Augenblick war, als er die Reichskanzlei hinter sich lassen musste. Als erster Wachhabender der Wache hatte er sie einst betreten, nun verließ er sie am Ende eines verlorenen Krieges als letzter Kampfkommandant.“

Dem beispiellosem Materialeinsatz und der vielfachen Übermacht der Roten Armee konnte nichts mehr entgegengesetzt werden. Beispielsweise wird berichtet: „Zum Sturm auf die ‘Zitadelle’ werden insgesamt etwa 11.000 Geschütze und Granatwerfer, darunter extra auf umgespurten Eisenbahngleisen herangeführte Belagerungsgeschütze schwerster Kaliber und mehrere tausend Panzer eingesetzt.“ Am 1. Mai kämpfte die Rote Armee noch gegen zahlreiche deutsche Widerstandsnester, und in den Morgenstunden des 2. Mai kapitulierte General Helmuth Weidling. Bis 15 Uhr waren schließlich alle Kampfhandlungen im Raum Berlin eingestellt, und die meisten der überlebenden ca. 130.000 deutschen Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft.

„Die Verteidigung der Reichskanzlei 1945“ vermittelt mehr als lediglich Ergänzungen und Erläuterungen zu den dramatischen Vorgängen jener Tage. Auf 200 Seiten sind außer den Erinnerungen bzw. Schilderungen Mohnkes und anderer Zeitzeugen zahlreiche Fotografien, Aufzeichnungen, Lagekarten, Skizzen und diverse andere (bislang kaum oder gar nicht bekannte) Dokumente abgebildet. Ein Buch, das als eine der wichtigsten Quellen zur Thematik Endkampf bezeichnet werden kann!

(Stand: 16.10.2009)

 

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