Deutsches Liedgut | Helfen Sie mit | Netzverweise | Über mich | Rechtliche Hinweise | Impressum
Rechtes Regensburg Lügenpresse Mittelbayerische Zeitung Regensburger Wochenblatt
Anfang
Regensburg
Deutschland
Geschichte
Personen
Bücher
Zitate
Regensburg-Fotos
Leserzuschriften
Spenden
Download
Weiteres interessantes Material finden Sie hier zum Herunterladen.
 

Der Deutsche Ritterorden

 

Die Anfänge der deutschen Volksgruppe in Ostpommern

Der Anteil, den der Deutsche Orden an der Bildung deutscher Volksgruppen gehabt hat, ist in den einzelnen Gebieten seines Staates durchaus verschieden gewesen. In Preußen selbst hat erst die Eroberung durch den Orden die Voraussetzungen für die Ansiedlung deutscher Menschen geschaffen, im Baltikum rief man den Orden herbei, als das dortige zahlenmäßig und machtpolitisch schwache Deutschtum dem feindlichen Ansturm zu erliegen drohte. In Ostpommern dagegen fand der Orden eine vollentwickelte und lebensfähige deutsche Volksgruppe vor, als er sich im Jahre 1309 in den Besitz des Landes setzte.

Wenn wir von der Landnahme germanischer Stämme absehen wollen, so reichen die Anfänge des Deutschtums in Ostpommern letzten Endes in die Zeiten zurück, da Bischof Otto von Bamberg und andere deutsche Geistliche den Pommern das Christentum brachten.

Gegen Ende des 12. Jahrhunderts finden sich ausschließlich deutsche Geistliche an den ostpommerschen Fürstenhöfen in Danzig und Schwetz, auch in vielen anderen Ortschaften waren die Pfarrämter mit Deutschen besetzt. Um dieselbe Zeit haben die Angehörigen der verschiedenen Orden ihren Einzug gehalten. Zisterzienser aus Kolbatz gründeten um 1175 das Kloster Oliva bei Danzig, bald danach kamen Johanniterritter, die reiche Besitzungen in der Nähe der heutigen Städte Preußisch-Stargard und Schöneck erhielten, und Angehörige eines sonst wenig bekannten Ordens von Calatrava. Von Breslau aus wurde um 1200 in Zuckau bei Danzig ein Nonnenkloster der Prämonstratenser angelegt. Eine neue Welle von Klostergründungen ging um die Mitte des 13. Jahrhunderts über das Land, als in Bukow bei Stolp, in Polnisch Krone und in Pelplin reiche Zisterzienserklöster entstanden. In der Folgezeit ist nur noch eine Augustinerniederlassung in dem abgelegenen Ort Schwornigatz bei Schlochau und ein Nonnenkloster in Stolp gestiftet worden, während andere Pläne zur Gründung von Feldklöstern nicht mehr zur Ausführung kamen. Um so günstiger war die Entwicklung, die die neuen städtischen Orden der Bettelmönche nahmen. Nachdem sich schon 1227 ein Dominikanerkonvent in Danzig niedergelassen hatte, breitete sich der Orden gegen Ende des 13. Jahrhunderts dank der ständigen Förderung durch den letzten Danziger Herzog namens Mestwin nach Stolp und Dirschau weiter aus, während die Franziskanermönche auf Neuenburg beschränkt blieben.

Im Verlauf der Aufseglung der Ostseeküste sind in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auch die ersten deutschen Händler und Kaufleute nach Ostpommern gekommen. Sie ließen sich in der Nähe der Danziger Burg nieder, wo die Erwerbsmöglichkeiten der günstigen Verkehrsbedingungen wegen besonders groß waren. Bald bildete die dortige deutsche Kolonie eine selbständige Gerichtsgemeinde, bis noch vor der Mitte des 13. Jahrhunderts die Gründung einer regelrechten deutschen Stadt erfolgte. Die Bürger von Danzig kamen wahrscheinlich aus Lübeck oder standen in engen Beziehungen zu dieser Stadt, da Herzog Swantopolk den Lübecker Rat um Übersendung und Verleihung des lübischen Rechts für Danzig ersuchte. Für eine starke Beteiligung der Lübecker am Danziger Handel spricht jedenfalls der Handelsvertrag, der um 1225 mit Swantopolk abgeschlossen und später immer wieder bestätigt und erneuert wurde. So sehen wir denn auch Lübecker Bürger mit am Werk, als Herzog Sambor, der Bruder Swantopolks, um das Jahr 1255 neben seiner Burg Dirschau eine Stadt einrichten ließ, die ebenfalls das lübische Recht bekam. Die ehrwürdige Kirche, die mit ihrem stumpfen, holzverkleideten Turm das Stadtbild beherrscht, ein Bild in sich ruhender Kraft, soll in ihrem Kern in die Zeit der Stadtgründung zurückreichen.

Auch neben einigen anderen Landesburgen haben sich Siedlungen von deutschen Kaufleuten und Gewerbetreibenden gebildet, die jedoch in pommerscher Zeit nicht über die Entwicklungsstufe der Gerichtsgemeinde hinauskamen. Eine entgegengesetzte Entwicklung nahm die Ortschaft Gerdin, die 1288 durch ihren Besitzer, den Bischof von Plock, das magdeburgische Stadtrecht erhielt, neben der aufblühenden Stadt Dirschau jedoch bald zur alten Bedeutungslosigkeit herabsank.

Weit später als die deutschen Geistlichen und Kaufleute sind deutsche Landritter in Ostpommern nachzuweisen. Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts wurde eine größere Zahl deutscher Herren in der Nähe von Dirschau mit Besitzungen auf dem flachen Lande ausgestattet; es handelt sich dabei vor allem um Männer aus dem Gefolge des Herzogs Sambor, die für ihre Dienste bei Hof entschädigt werden sollten. Daneben sind auch im Herrschaftsbereich des Herzogs Swantopolk, also im Nordteil Ostpommerns, einige Güter in deutsche Hand gekommen.

Noch länger hat der deutsche Bauer auf sich warten lassen. Zwar ist schon um die Mitte des 13. Jahrhunderts vielen Klöstern und weltlichen Grundherren die Genehmigung zur Anwerbung deutscher Siedler gegeben worden, doch scheint es erst um das Jahr 1290 zur Gründung der ersten deutschen Zinsdörfer gekommen zu sein. Ein besonderes Verdienst um die Förderung des Siedlungswesens haben sich die Landesklöster erworben, allen voran Pelplin, das in kurzer Zeit seine Besitzungen in unmittelbarer Nähe des Klosters an deutsche Siedlergruppen aufteilte und von ihnen mehrere Dörfer aus wilder Wurzel besetzen ließ. Seinem Beispiel folgten die Zisterzienser von Oliva, die Nonnen von Zuckau und sogar der Bischof von Leslau, der in Ostpommern über umfangreiche Besitzungen verfügte. Auf diese Weise sind bis zur Erwerbung des Landes durch den Orden in den an die Weichsel grenzenden Teilen Ostpommerns zahlreiche deutsche Dörfer angelegt worden.

So kam es denn, daß der Orden in Ostpommern eine voll ausgeprägte deutsche Volksgruppe mit Geistlichen, Bürgern, Landrittern und Bauern vorfand. Es sind unhaltbare Vorwürfe, die den Stempel der Unwahrheit und Böswilligkeit auf der Stirn tragen, wenn früher von polnischer Seite immer wieder behauptet wurde, die ostdeutsche Kolonisation sei nur darum zu ihrem großen Erfolg gekommen, weil die deutschen „Eroberer" durch planmäßige Ausrottung mit Feuer und Schwert erst einmal den Boden zur Aufnahme der deutschen Saat bereitet hätten. Ein Blick auf die Entwicklung der Dinge in Ostpommern hat uns das Gegenteil gelehrt: die Fürsten selber waren es, von denen die stärksten Antriebe zur Anwerbung und Seßhaftmachung deutscher Zuwanderer ausgingen.

Für die rege Förderung, die ihnen auf allen Gebieten des Lebens zuteil wurde, ist nur
dann Verständnis zu gewinnen, wenn wir uns vor Augen halten, daß die Berufung deutscher Menschen auf der Linie einer Politik lag, die man für die weitere Entwicklung des Landes als lebenswichtig erkannt hatte. Die slawischen Fürsten, die ihr Land in Verbindung mit dem Westen bringen wollten, mußten Deutsche als Träger des geistigen und wirtschaftlichen Lebens heranziehen, weil nur diese ihrer neuen Heimat den gewünschten Anschluß an das in allen diesen Dingen führende Abendland verschaffen konnten. So kam das Christentum mit den deutschen Missionaren ins Land, und lübische Kaufleute vermittelten in ihrer Person die wirtschaftlichen Beziehungen mit den Fernhandelsstädten des Westens. Die wirtschaftliche Erschließung, die kirchliche und kulturelle Durchdringung des Landes waren Erfordernisse der Staatspolitik, denen sich die einzelnen Fürsten ohne Rücksicht auf ihre persönliche Einstellung zum deutschen Wesen oder ihre politischen Beziehungen zu dem unter deutscher Leitung stehenden Ordensstaat beugten.

Es kann daher nicht Wunder nehmen, daß man alles tat, um den Gliedern der deutschen Volksgruppe die Steine aus dem Wege zu räumen und ihnen die Tätigkeit im fremden Lande nach Möglichkeit zu erleichtern. Den Kaufleuten wurde weitgehende Zollfreiheit zugesichert, die meisten Zuwanderer, Bürger und Ritter, erhielten Landbesitz, der auch bei der Ausstattung der Mönchs- und Ritterorden die Hauptrolle spielte. Als Oliva sich im Jahre 1245 seinen Besitzstand vom Papst bestätigen ließ, gehörten bereits mehr als 30 Dörfer zum Klostergut, abgesehen von zahlreichen anderen, deren Besitzverhältnis zu jener Zeit nicht ganz geklärt war. Der Wert dieser Liegenschaften wurde dadurch erhöht, daß die deutschen Grundherren von allen jenen Verpflichtungen befreit wurden, die auf ihren pommerschen Standesgenossen lasteten. So konnten die Hintersassen nur in beschränktem Umfang zu den öffentlichen Dienstleistungen herangezogen werden, auch die richterlichen Befugnisse der staatlichen Beamten waren für den Bereich der deutschen Grundherrschaften ausgeschaltet; ihre Besitzer hatten die „Immunität", wie man dies nannte, und durften auch die von ihnen verhängten Gerichtsbußen einziehen. Hinzu kamen besondere Nutzungsrechte, die den Kreis der landesherrlichen Regalien in vielen entscheidenden Punkten durchbrachen: manche Klöster durften Krüge einrichten und Märkte Walten, wenn man sich nicht gar die Genehmigung zur Gründung deutschrechtlicher Städte geben ließ. Weitaus am wertvollsten war die Berechtigung zur Anwerbung und Ansiedlung deutscher Bauern, die seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts gewissermaßen in der Luft lag. Alles in allem ergibt sich das Bild, daß die Ordnungen und Bindungen des ostpommerschen Staates für die Angehörigen der deutschen Volksgruppe aufgehoben waren, daß die Genossenschaften der deutschen Bürger oder die Grundherrschaften der großen Landesklöster unter eigenen Gesetzen standen und somit kleine Staaten im Staate bildeten.

Auf diese Sonderstellung gründete sich der politische Einfluß der deutschen Volksgruppe, der durch das ausgezeichnete Verhältnis zu den ostpommerschen Landesherren und zahlreiche Querverbindungen zu den Volksgruppen benachbarter Länder, vor allem des Ordenslandes, weiterhin gestärkt wurde. Deutsche Geistliche, in deren Hand sich maßgebliche Hofämter, wie das des Kanzlers, befanden, haben an den ostpommerschen Fürstenhöfen von jeher eine große Rolle gespielt. Besonders eng war das Verhältnis, das Sambor mit den Mönchen seiner Lieblingsstiftung Samburia-Pelplin und Swantopolk mit dem Konvent des Klosters Oliva, der Grabstätte des Herzogshauses, verband. Es wurde kaum ein Beschluß von Bedeutung gefaßt, bevor nicht Angehörige der deutschen Volksgruppe zur Beratung hinzugezogen worden waren, wenn auch nicht alle Fürsten so weit gingen wie Herzog Sambor, der zeitweilig nur deutsche Herren in seinem Gefolge hatte.

 

(Stand: 04.01.2007)

 

<<<
zum vorhergehenden Abschnitt

 

  Inhaltsverzeichnis  

>>>
zum nächsten Abschnitt

 





 

Auf diese Seite ein Lesezeichen setzen:

                                                              ©2005-2016 www.rechtes-regensburg.net. All rights reserved.